[<< Kapitel 9] [Kapitelübersicht] [Kapitel 11 >>] |
Kapitel 10 Ich gehe zurück zu meinem Kontrollraum und Sam ist schon wieder auf der Konsole eingeschlafen. Ich glaube jetzt, er ist DOCH hinter meinem Job her. So ein Einsatz... Ich nehme mir vor, bei Gelegenheit ein paar notwendige Änderungen in der Gehaltsdatenbank vorzunehmen. Man kann nie vorsichtig genug sein... Kranken- und Unfallversicherung braucht Sam eigentlich nicht. Ich lege den Hörer auf die Gabel - das erste Mal heute nachmittag - und sofort fängt das Ding an zu rattern. ES REICHT! Um mein Mittagsschläfchen zu retten, leite ich den Anschluß auf 110 um. Das wird ihnen eine Lehre sein! Uuups, fast vergessen, den Ausredenkalender umzublättern. "STATISCHE AUFLADUNG WEGEN NYLON-UNTERWÄSCHE" Naaah, viel zu plausibel - obwohl, ich könnte die Unterwäsche von Fall zu Fall persönlich überprüfen... nee, lieber nicht. Wer weiß, was dabei ans Tageslicht kommt. Ich blättere eins weiter. "Statische Aufladung durch Plastik-Rechenschieber" Na, das ist doch mal was! Eine echte Herausforderung! Ich hebe die Telefonumleitung auf und plaziere den Papierkorb unter dem Druckerauswurf - endlich eine technisch fortgeschrittene Lösung! Während ich noch mein Werk bewundere, läutet es. Das könnte der große Wurf werden! "Hallo?" "Hallo, ähm, wie kann ich mein File auf Rechtschreibfehler prüfen?" "Ganz einfach. Tippen Sie 'spell' und den Filenamen." "Danke." Ich bin wieder mal höllisch hilfsbereit heute morgen. Vor allem weil ich weiß, daß meine spezielle Version von 'spell' Fehler erzeugt, statt sie zu beseitigen. Aus 'Freund' wird 'Fruend' und umgekehrt. Ein Augenschmaus! Das Telefon klingelt - er ist's wieder. "Irgendetwas stimmt nicht mit dem 'spell' Programm." "Wie kommen Sie denn da drauf?" "Weil mein File plötzlich voll mit Fehlern ist!" "Hm, das klingt nicht gerade nach 'spell'. Sind Sie über Ihren PC eingeloggt?" "Ja, aber ich ..." "Bitte, überlassen Sie die technische Diagnose mir! Also, ist da irgendwo ein Rechenschieberauf oder in Ihrem Schreibtisch?" "Ähm [klapper] ja, aber..." "Aha. Haben wir's schon. Sie haben eine statische Aufladung auf Ihrer Festplatte, verursachtvon den wechselnden elektrostatischen Feldern, die der Rechenschieber erzeugt - Sie wissen schon: so, wie er kleine Papierfiezel anzieht, wenn sie ihn an Ihrem Pullover reiben..." DUMMY MODE ON "Oh. Was kann man da machen?" "Sie wissen doch, wie Sie solche lästigen Papierfiezel von Ihrem Rechenschieber weg bekommen? Genau, Sie schlagen damit auf die Tischkante, bis die elektrischen Felder sich im Erdmagnetfeld auflösen. Machen Sie das gleiche mit Ihrem PC. Sagen wir, zwanzig mal - heben Sie ihn etwa dreissig Zentimeter über den Tisch und lassen ihn fallen." "Ah, gut. Bleiben Sie kurz dran?" "Sicher." Das würde ich nicht mal für die Simpsons verpassen! polter polter polter SCHEPPER "Äh, hallo? Der Schirm ist plötzlich dunkel geworden..." "Das ist ganz normal, das macht er immer; soll er sogar. Machen Sie weiter. Und wenn Sie mitdem PC fertig sind, machen Sie sicherheitshalber das Gleiche auch noch mit dem Schirm. Manchmal breitet sich die Aufladung über die Kabel bis in den Schirm aus." polter polter polter KLIRR Ich lege auf. Später gehe ich raus in den öffentlichen CIP-Pool und träufle unauffällig Honig in die Schlitze der Floppy Laufwerke, als plötzlich ein Typ auftaucht, der verdammt wie Lee Harvey Oswald aussieht, und mich über den Haufen schießt. Aber der Knall kommt aus dem Maschinenraum, und während ich an einer blutbesudelten IBM Maschine zusammensacke, höre ich den Ex-System-Manager im Hintergrund kichern... Noch später, im Krankenwagen, wird mir klar, daß ich von dem Typen nicht mal die Userkennung habe... dann wird alles dunkel. Als der Krankenwagen das Ende des Tunnels erreichte, verschwand die Dunkelheit wieder. Vielleicht war ich doch nicht so schwer verletzt. Vielleicht aber doch! Egal, jemand würde dafür bezahl... In diesem Moment starb ich. Für einen echten Bastard Operator from Hell sieht die Sache natürlich etwas anders aus: Mehr wie ein unerwarteter Urlaub. Fünf Sekunden später bekomme ich 15 kV durch die Brustwarzen gejagt. Unverdünnt und ohne Eis! (Echte Sanitäter wissen eben, wie man eine todlangweilige Party belebt!) DER BASTARD OPERATOR FROM HELL LEBT! Drei Wochen später bin ich wieder auf den Beinen, hochgepäppelt von süßen Krankenschwestern, die um ihre Pensionsansprüche fürchten. Voller Energie sitze ich hinter meiner Konsole. Alles in allem, gar nicht so schlecht, die Zeit im Hospital; ich könnte Bäume ausreißen! Ich gehe rasch durch die angehäufte Usermail der letzten Wochen (nur damit ich nichts verpasse!), dann lasse ich die Studenten wissen, daß ich wieder auf dem Posten bin. Ein nicht angekündigter Wartungszyklus, mitten in der Hauptübungszeit; ich flippe den Restart-Schalter. Ein wohliges Gefühl breitet sich in mir aus. Sie werden mich dafür lieben! Ich blättere den Ausredenkalender um: "TREIBHAUSEFFEKT" JA!!! Willkommen zu Hause! |
[<< Kapitel 9] [Kapitelübersicht] [Kapitel 11 >>] |