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Kapitel 22 - Der B.O.F.H. und sein Partner rächen sich für gestohlenen Platz

"Da geht er hin ..." murmelt der PJ, als der neue Programmierer aus seinem Büro schleicht und nach Hause geht. Der arme Mann leidet unter Verfolgungswahn, der natürlich nichts damit zu tun hat, daß sein Büro in einem Raum eingerichtet wurde, der früher zum Computerraum gehörte. Die Bosse meinten, der Platz würde nicht genutzt und haben ihn geklaut, um das Programmiererbüro einzurichten. Leider kam ich nicht an die Pläne heran, bevor sie das Zeichenbrett verlassen hatten, doch der PJ hat es wenigstens noch geschafft, die Angaben für die Bauleute neu zu ’berechnen’ und die Kabelschächte zu ’optimieren’. Es ist lustig, daß nun die Wände nach innen einzustürzen scheinen und der Türgriff sich immer dann erhitzt, wenn die Klimaanlage in Betrieb ist.

Ganz im Geiste der Wiederverwertung haben die Bosse auch noch alle anderen Büros nach ungenutzten Möbeln durchsucht, bevor der Programmierer eingestellt wurde. Bei uns fanden sie den Schrank des Todes, den wir genutzt hatten, um die Back-Ups der Erbsenzähler aufzubewahren. Äußerlich gleicht der Schrank des Todes normalen Aktenschränken. Und er verhält sich auch so - bis man ihn schließt. Das löst dann nämlich ein fünfsekündiges Brummen aus. Und Momente später findet der Programmierer die Arbeit des Tages auf mysteriöse Weise ausgelöscht vor. Verblüffend, wie klein ein Aktenvernichter sein kann ...

Die Fernsteuerung für den Stuhl des Programmierers war die Idee des PJ. Der Programmierer kann problemlos die Höhe der Sitzfläche einstellen, doch seltsamerweise scheint der Gasdruck in der Höheneinstellung in unregelmäßigen Abständen abzufallen und die Sitzfläche saust dann nach unten. Der arme Mann scheint ein wenig zu hinken. Möglicherweise ein Gelenkproblem.

Der Abteilungsleiter hat mitbekommen, daß etwas passiert ist - das sollte er auch, denn er hat den Diebstahl des Raumes zu verantworten. Ich bin sicher, er denkt immer daran, wenn diese scheußliche Türklinke ihm ihren Umriß in die Handfläche brennt ...

Nach einem persönlichen Telefonat des Programmierers mit dem Abteilungsleiter, das der PJ und ich nur zufällig belauschten, weil das Mikrofonkabel versehentlich mit einer redundanten UTP-Verbindung verkabelt war, scheint er anzunehmen, daß wir etwas mit seinen Problemen zu tun haben. Offenbar glaubt er die skandalösen Lügen, die der Abteilungsleiter ihm auftischte, denn er lud uns zu einem Gespräch ein ...

"Ich habe gehört, daß sie für all das verantwortlich sind", sagt er.

"Wofür?" frage ich unschuldig.

"Diese Belästigungen! Ich will, daß das aufhört. Ich arbeite an einem wichtigen Projekt und werde Störungen nicht dulden."

Ich bin kein Freund harter Worte und der PJ sieht auch nicht so aus, als würde er sie mögen.

"Wissen sie, wieviel man mir bezahlt?" fährt der Programmierer fort.

"Keine Ahnung", lüge ich, damit ich nicht vorgeben muß, ich sei verärgert, weil er mehr bekommt, als der PJ und ich zusammen.

"Ich mache ihnen einen Vorschlag", sage ich. "Sie teilen ihr Glück mit uns und wir werden sehen, was sich machen läßt. Jede Woche ein paar Scheine für jeden von uns. Nennen wir es einfach Miete für die Nutzung des Computerraumes."

"NIEMALS!"

In stiller Einigkeit gehen der PJ und ich hinaus. Wohl als Folge eines kleinen Unfalls wegen fehlerhafter Verkabelung seiner Schreibtischlampe (Ich hasse diese billigen Importe!) lädt uns der Programmierer zwei Tage danach zu einer weiteren Unterredung ein.

Mit einer großzügigen Spende für unsere Weihnachtskasse kehren wir in unser Büro zurück.

Einige Zeit später bittet der Programmierer mich und den PJ erneut in sein Büro. Er hat dieses selbstzufriedene Lächeln aufgesetzt, daß auf nichts Gutes hindeutet.

"Ich, ähm, ich hätte gern mein Geld zurück", sagt er um Lässigkeit bemüht.

"Entschuldigung", entgegne ich leise. "Es wurde in schon in den laufenden Betrieb investiert.

"Nun, bestimmt können sie es wieder zurückholen. Natürlich nur, wenn sie wünschen, daß diese Angelegenheit nicht bei der Geschäftsführung landet." Er klickt auf ein Icon seines Bildschirms, worauf eine Aufzeichnung auftaucht, die er heimlich mit der Kamera, die zu seinem Laptop gehört, gemacht haben muß - eine Aufzeichnung unserer letzten Begegnung mit Ton und allem.

Er lächelt.

Ich lächle zurück und nicke dem PJ zu.

Ein Stolpern-über-den-Bodenbelag später liegen die Trümmer des Laptops auf dem Boden, ein riesiger Handabdruck dekoriert die ehemalige Festplatte.

"Ups", keucht der PJ. "Muß wohl der Zuckermangel im Blut sein ..."

"Ein guter Versuch", spottet der Programmierer, "Aber nicht gut genug. Ich habe Backup-Bänder."

"Aha. Und befürchten sie nicht, daß ich irgendwie an die Bänder herankommen könnte?" frage ich nach, um herauszufinden, wo sie liegen.

Er lächelt zufrieden.

"Wovor sollte ich mich fürchten? Sie sind sicher weggeschlossen."

KRACH!!

Ein Fünf-Sekunden-Brummen-und-Krachen später kehren der PJ und ich in unser Büro und die Normalität zurück.

"Soll ich die Spannung an der Türklinke etwas erhöhen?" fragt der PJ.

"Alles was drin ist! Oh, und die Tischlampe wirkte ein wenig gedämpft, wenn sie gerade dabei sind ..."

Mit soviel Initiative hat er noch eine glänzende Zukunft vor sich ...
 
 
 
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12.2.06